Die Höhlenstadt von Vardzia

 

Bei Vardzia sehen wir das erste Highlight unserer Reise: Eine Höhlenstadt in den georgischen Bergen 60 km südöstlich von Achalziche. Die Stadt wurde im 12. Jahrhundert n Chr. von König Giorgi III begonnen und von seiner Tochter Königin Tamar vollendet. Der gesamte Komplex besteht aus ungefähr 3.000 Höhlen, in denen bis zu 50.000 Menschen lebten. Allerdings nur in Zeiten der Verteidigung wie z.B. von 1193 bis 1195 im Seldschuken-Türken Konflikt. Ansonsten diente die Stadt als Kloster, bis heute leben dort Mönche.

 

 

Der Berg mit seinen Sandsteinschichten ist teilweise stark erodiert und ins Tal hinabgerutscht. Man schaut auf diese Höhlenstadt, die bis zu 70 Meter in den Berg gehauen wurde, wie auf einen in der Mitte zerteilten Ameisenhaufen.

8 Stockwerke sind sichtbar, es sollen allerdings bis zu 13 Stockwerke gewesen sein. Insofern wird weiter unten nach weiteren Stockwerken geforscht, allerdings liegt dort ja alles voll von den über die Jahrhunderte runter gerutschten Felsmassen.

Nach einiger Zeit ähneln sich viele Höhlen. Wir sehen Höhlen mit Bodenlöchern für Feuerstellen, Wein-Tongefäße und Schlafstellen. Es erinnert alles stark an die Höhlen, die wir vor zwei Jahren in Uplisziche gesehen haben. Mit dem kleinen und feinen Unterschied, dass die Höhlenstadt in Vardzia um ein Vielfaches größer und beeindruckender ist.

 

 

Unvorstellbar der Gedanke, dass vor knapp tausend Jahren von Menschenhand ein gigantisches Labyrinth in diesen Berg gegraben wurde und teilweise so viele Menschen beherbergte wie in einer mittleren Kleinstadt!

Weiter oben befindet sich das Kloster mit einer größeren und einer kleineren Kapelle. Beide ebenfalls in den Fels gehauen, respektive gebaut. Wir bewegen uns von hier aus etwas weiter in den Berg hinein und etwa 50 Meter tief im Berg eine Quelle. Das war vermutlich eine der wichtigsten Lebensadern für die Festung. Von dort aus führen dunkle, enge und niedrige Gänge tiefer in den Felsen hinein, teilweise klettern wir etliche Höhenmeter weiter nach oben, bis wir in einer Höhle mit Blick ins Tal wieder auftauchen. Von diesen Gängen soll es unzählige im Berg geben. Einige führen auch nach oben als geheime Notausgänge nach draußen.

 

 

Viele Bergketten in Georgien sind auf diese Weise zerlöchert und wirken wie ein Schweizer Käse. Es gab jedoch viele Situationen, in denen diese Höhlen der georgischen Bevölkerung die Existenz gerettet haben.

 

 

Wir essen am Fuße der Höhlenstadt in einem Touri-Restaurant direkt am Fluss etas zu Mittag und teilen danach die Gruppe auf. Einige wollen zurück zum Hotel, denn nach all der Kraxelei sind alle bereits etwas erschöpft. Die anderen fahren zu einem weiteren Kloster auf der anderen Seite des Tals, fast in Sichtweite von Vardzia.

 

 

Diese Anlage ist komplett anders als alles, was wir Vormittags gesehen haben. Es befinden sich dort keine Touristen, die Anlage ist auch nicht für Touristen erschlossen. Lediglich ein georgisches Backpacker-Pärchen ist zur gleichen Zeit dort.

Da die Anlage nicht auf Besucher vorbereitet ist, fahren wir mit dem Allrad-Auto (ein Mitsubishi Pajero) über eine unwegbare Schotterpiste bis zu einem Punkt auf ca. 1.300 Meter. Danach geht es weiter zu Fuss bis zum Kloster, bzw. den Unterkünften der 4 dort lebenden Mönche. Natürlich sind das auch in den Berg gehauene Höhlen.

 

 

Unser Guide unterhält sich eine Weile mit einem der Mönche, der sich leider nicht von mir fotografieren lassen will. Er lebt dort sei fast 5 Jahren, und das zu jeder Jahreszeit. Egal ob Sommer oder Winter, wenn vermutlich der Weg nach oben zur Höhle komplett verschneit ist. Angeblich haben sie dort Vorräte für 3 Monate. Die Höhlen sind im Sommer kühler als die Umgebung, im Winter ist es drinnen etwas wärmer. Außerdem scheinen sie Öfen zu haben, wie mehrere aus dem Felsen ragende Ofenrohre verraten.

Wir müssen jetzt noch weitere hundert Höhenmeter ableisten und gehen über eine Treppe zu einer ehemaligen Kapelle, die – halb in den Felsen gehauen – durch einen Steinrutsch zerstört worden ist. Lediglich ein Altar und alter Orient-Teppich zeigen, dass diese Kapelle noch aktiv ist.

Die letzten 30 Höhenmeter bis zur kleinen Kapelle, die in den Hügel gebaut wurde, mache ich nicht mehr mit. Dorthin gelangt man nur über enge senkrechte Stiegen und kleine Pfade direkt neben dem hundert Meter tiefen Abgrund. Nicht wirklich mein Ding. Daher nimmt mein Bruder die Kamera für mich mit und macht die letzten Fotos ganz oben.

 

 

Insgesamt sind wir über 150 Höhenmeter von 1.300 bis 1.450 Meter den Berg hochgekraxelt und entsprechend fix und fertig. Wir fahren zurück zum Hotel bei Vardzia, setzen uns auf die Bierbänke am Fluss und trinken gemütlich ein Bier, bis das Abendessen fertig ist.

 

 

Den ganzen Tag und jetzt am Abend gab es in der gesamten Region einen Stromausfall, wovon nicht nur die Beleuchtung in den Höhlen von Vardzia betroffen war, sondern auch unser Hotel. Wir essen somit anfangs bei Kerzenlicht und Taschenlampen, bis der Strom unter Applaus aller Hotelgäste wieder läuft.

Irgendjemand erzählte uns, dass die Regierung vor vielen Jahren tagsüber gerne mal den Strom abschaltet, um ihn an Nachbarländer zu verkaufen. Ob es also wirklich ein Stromausfall war, oder ob die Regierung Strom an die benachbarte Türkei verkauft hat, werden wir wohl nie erfahren.

 

 

 

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1 Kommentar zu „Die Höhlenstadt von Vardzia“

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